Frankfurter Rundschau, 03. Februar 2007


Dichter Qualm und Dichter-Qualm
Ein Rauchverbot in Wiener Kaffeehäusern halten einige Wirte für einen Kulturbruch
von Christian Fürst/DPA


Auf die freundliche, aber bestimmte Frage nach einem Nichtrauchertisch reagierte der Oberkellner eines Wiener Bierlokals äußerst ungehalten. "Dies ist ein Raucherlokal und das ist auch gut so!", raunzte er die deutsche Touristin an. Doch die Tage ungestörten Rauchens in österreichischen Lokalen sind gezählt. Geht es nach dem Willen der neuen rot-schwarzen Koalitionsregierung, dann werden künftig die Nichtraucher das Bild in der Gastronomie bestimmen. Nicht wenige der traditionellen Kaffeehäuser in der Donaumetropole Wien befürchten in diesem Fall allerdings schwere Einbußen.
"Das Kaffeehaus wurde doch ursprünglich für rauchende Männer geschaffen", schimpft Manfred Staub vom Café Sperl. "Eingefleischte Raucher", so meint der passionierte Nichtraucher, würden "sich nie und nimmermehr in ein Nichtraucher-Café setzen". Auch im Hawelka, in dem sich tagein, tagaus Raucher und Nichtraucher im dicken Qualm drängen, fürchtet man den "Tag X". Die Chefetage ist überzeugt, ein Rauchverbot wird´s mit uns nicht geben", sagt ein junger Ober trotzig.

Revolution angekündigt
Bislang hatten Raucher in der Alpenrepublik eine starke Position. Während die Zahl der Raucher in Europa ständig zurückgeht, bleibt sie in Österreich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO konstant. Fast 47 Prozent der Bevölkerung "qualmen" nach einem Bericht des Medical Journals. Die Hälfte der 15- bis 19-Jährigen bezeichnete sich bei einer Umfrage als Raucher.
Obwohl der Druck der Nichtraucher in Europa in den vergangenen Jahren ständig gewachsen ist, kamen in Österreich die Nichtraucher mit ihren
Forderungen kaum zum Zuge. Die von der konservativen Volkspartei geführten Regierung setzt noch im vergangenen Jahr auf eine "friedliche Koexistenz". Zwar verpflichten sich die Gastronomen, vier von zehn Tischen für Nichtraucher zu reservieren. Doch die Gastronomen sind von den versprochenen Prozenten noch weit entfernt.
Realistische Kaffeehausbetreiber glauben deshalb eher an ein gesetzliches Verbot. "Ich bin mir fast sicher, dass hier künftig alles Nichtraucher sein wird", sagt Berndt Querfeld der Cafés Landtmann und Mozart. Angesichts der intensiven Diskussionen bei der EU in Brüssel "könnte es schon Ende des Jahres so weit sein".

Spätestens der gesetzliche vorgeschriebene Schutz für das Personal spreche dafür. Untersuchungen beweisen, das Kellner in Raucherzonen ein um 50 Prozent höheres Risiko tragen, an Krebs zu erkranken. Auch Maximilian Platzer, Obmann der Wiener, hält im Zweifelsfall eine vollständige Nichtraucher-Lösung für besser. Zwar ist sein Café Weimar seit zwei Jahren auf Nichtraucher eingestellt, doch nicht alle Lokale könnten dies auf Grund ihrer Räumlichkeiten. "Natürlich können Sie die Raucher, etwa durch Glaswände, von den Nichtrauchern trennen, aber glauben Sie wirklich, dass die Leute dann dasitzen wollen, wie Fische im Aquarium?"

Günter Hawelka vom gleichnahmigen ehemaligen Künstlercafé sieht das anders: "Wenn ein generelles Verbot kommt, dann gibt es eine Revolution und ich stehe an der Spitze", kündigte der Nichtraucher an: "Das wäre ein Einschnitt in die Kaffeehauskultur. Eine Rauchwolke gehört zur Atmosphäre."

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