literaturkritik.de, Nr. 8, August 2006, Literaturwissenschaft
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Haste mal Feuer?
Christa Jekoff geht "Rauchzeichen" in der Literatur nach
Von Jan Fischer

Bumm. Knall. Päng. Da fetzen seit Wochen schon den Rauchern diese Schlagzeilen um die Ohren. Erst Rauchverbot in Schulen. Jetzt soll rauchen auch noch in Gaststätten und überhaupt überall außer dem Wandschrank in der eigenen Wohnung verboten werden. Warum passiert so was eigentlich immer mitten im Sommerloch? Jetzt, wo Bruno der Bär auch tot ist und mit Ottfried Fischers Ehe alles wieder klar, ist das der einzige Lückenfüller in den Zeitungen. Die Öffentlichkeit könnte ja sogar wahnsinnig genug sein, das alles ernst zu nehmen. Und dann? Alle Menschen werden Brüder vereint im Kampfe gegen die damönisierten Raucher? Schwachsinn.

Raucher waren schon immer sehr erfinderisch, wenn es darum ging, ihre Leidenschaft, ja, ok, auch Sucht, wenns denn sein muss, zu befriedigen. Oder anders gesagt: Wenn man irgendwo rauchen darf, egal wie versifft es ist, ist es voll. Die derzeitige Politik ist eine Überreaktion, meint auch Christa Jekoff in ihrem Buch "Rauchzeichen - Die Liebe zum Tabak." Nicht immer war Rauchen gesellschaftlich akzeptiert, sagt Jekoff. Dämonisierungskampagnen gab es immer wieder, und zum Beleg zeichnet die Autorin den Weg des Rauchens in der Literatur nach. Außerdem ihren eigenen Werdegang von der Ketten- zur Genussraucherin. Tabak und Schreiben gehörten schon immer zusammen, betont Jekoff, und die Literatur gibt ihr Recht: Einige der ganz großen waren leidenschaftliche Raucher, seien es nun Thomas Mann oder Raymond Chandler oder Gustave Flaubert. Und natürlich schrieben sie übers Rauchen, so dass der Tabak in der Literatur einen fast schon magischen Stellenwert bekommt, für so viel Symbolik und Metaphorik musste er schon herhalten. Das ist die eine Seite.

Die andere ist die Geschichte Jekoffs, die versucht, sich das Rauchen abzugewöhnen und damit immer wieder scheitert. Angefangen wegen der Coolness, weitergemacht wegen der Sucht und immer wieder gerechtfertigt durch eben diese quasi-magische Verbindung von Tabak und Intellektualität. Des Rätsels Lösung steckt ebenfalls in der Literatur, und dem einfachen Gedanken: Du darfst. Aber eben nicht so oft.

Nicht nur, dass Jekoff endlich mal einen erfreulichen Mittelweg zwischen militanten Rauchern und Nichtrauchern findet, der hauptsächlich auf einem so banalen, aber irgendwie in der Debatte doch vermissten gesunden Menschenverstand. Angenehm zu lesen wird das Buch dadurch, dass es diesen Mittelweg aus der Verbindung von einer kurzen Literaturgeschichte des Rauchens und den persönlichen Erfahrungen der Autorin knüpft und auch genauso aufgelöst wird. "Rauchzeichen" wirkt dabei sehr locker zusammengeschrieben, fast schon wie aus einem Guß, ein Mittelding aus verlängertem Essay und ernsthafter Recherchearbeit. Vermutlich gibt es eine Menge Forschungsarbeiten zum Thema "Rauchen in der Literatur", die wesentlich länger und fundierter sind. Aber sicherlich keine, die so symphatisch daherkommt, das ist der Trumpf, den die Autorin immer wieder auspielt, ein lockerer, leicht flapsiger Plauderton, in dem schöne Grundlagen und Anekdoten zum Thema geliefert werden.

Nett. Wirklich nett. Das war ziemlich nötig nach all diesem Herumgeschreie in der Presse.

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