F.A.Z., 17. August 2007

Videoüberwachung für freien Nikotingenuss
Rauchverbot in Gaststätten: Die FDP will bei Freunden des Glimmstengels punkten

obo. RHEINGAU. Das "Bartolome" ist eine der gemütlichsten Kneipen des Rheingaus und vielleicht auch deshalb ein Dorado der Raucher. Der moderne Zigarettenautomat am Eingang wird regelmäßig nachgefüllt, auf der Theke steht ein gut bestückter hölzerner Humidor mit Zigarillos und Zigaretten. Auf jedem der urigen Holztische im Lokal steht zumindest ein Aschenbecher. Tabakdosen und Zigarrenkisten gehören ebenso zur Dekoration des liebevoll eingerichteten Lokals wie eine überdimensionale Zigarette - ein französisches Kiosk-Werbeschild, das von der Decke hängt.

Darunter steht der Gastronom Arno Moser, der sich selbst erst seit einigen Jahren zum Kreis der Genussraucher zählt, die hin und wieder dem blauen Dunst frönen, und er ist unzufrieden. In den vergangenen 15 Jahren hat der Gastronom das Bartolome zu einer Institution in der sonst von Straußwirtschaften und Gutsschänken dominierten Weinregion entwickelt. Bis zu 150 Gäste drängeln sich Abend für Abend in dem Lokal, und zwei von drei Besuchern rauchen.

Moser stört das nicht. Er vertraut seiner leistungsfähigen Entlüftungsanlage, die sich dem Qualm der Gäste gewachsen zeigt. Was Moser stört, ist das absehbare Rauchverbot in öffentlichen Gaststätten. Moser beharrt auf seiner unternehmerische Freiheit als Gastwirt und auf dem Selbstbestimmungsrecht seiner Gäste. Eine Einstellung, die vor allem der FDP gefällt, weshalb der liberale Landtagsabgeordnete Florian Rentsch nach Oestrich-Winkel gekommen ist.

Umsatzeinbußen erwartet Moser wegen des einzigartigen Ambientes seiner Gaststätte und der treuen Stammkunden gleichwohl nicht, wenn - wie zu erwarten - CDU und SPD das Rauchver-botsgesetz in Kraft setzen. Allerdings erwartet er Ärger mit den Nachbarn, wenn die Raucher bis spät in die Nacht vor der Tür rauchen und sich dabei unterhalten, Eine andere Wahl wird es im Bartolome nicht geben, weil der gut 100 Quadratmeter große Gastraum nicht unterteilbar ist.

Rentsch, gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion, beginnt an diesem Tag im Rheingau eine Reihe von Besuchen von Gaststätten in Hessen. Er lehnt nicht nur die Vorschrift für Wirte und Gäste ab, er befürchtet zudem ein "Denunziantentum", wenn Gastronomen gegenüber rauchenden Gästen nicht ihr Hausrecht in Anspruch nehmen, um den blauen Dunst zu unterbinden. Das sei der schlimmste Fall, der von einer praxisfernen Regelung zu erwarten sei. Er selbst sei kein regelmäßiger Raucher, aber auf Seiten der Nichtraucher erkenne er ein hohes Maß an "Militanz und Aggressivität": Die ganze "Kneipenkultur" in Hessen sei dadurch in Gefahr. Ulrich Liehr, Regionalbeauftragter Westhessen-Nassau der FDP-Landtagsfraktion, führt das Beispiel des Hofheimer Gastwirts Mattias Rudert an. Dieser wolle das "Hofheimer Bier Pub" in einen Club mit Mitgliedschaft und Eingangskontrolle umwandeln und notfalls sogar mit Videoüberwachung und Türöffner ausstatten und das alles, damit seine Gäste weiterhin rauchen könnten.


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