F.A.Z., 05. Januar 2008

Schlechte Zeiten für Shisha-Bars

Wer in eine Wasserpfeifen­Bar geht, will für gewöhnlich rauchen. Doch das Gesetz duldet keine Ausnahme: Auch die Besitzer solcher Lokale müssen einen separaten Raum für den Tabakkonsum einrichten. Dafür aber fehlt vielen das Geld und der Platz.

 Von Issio Ehrich

In der Shisha-Bar „Aviva“ wird eine Wand errichtet. Drei Männer hocken davor, ein vierter reckt sich von einer Klappleiter aus zur Decke, um irgendetwas an der halbfertigen Mauer zu befestigen. Zwei, vielleicht drei Meter dahinter steht noch ein Mann - er stemmt die Hände in die Hüften und beobachtet. Aref Tahmaseb heißt er; mit seinem erwachsenen Sohn Aydin und ein paar seiner Freunde trennt er die 300 Quadratmeter große Bar in zwei Teile: 270 Quadratmeter für Nichtraucher, 30 Quadratmeter für die Hauptkundschaft - die Raucher der arabischen Wasserpfeife. Es ist kaum zehn Monate her, dass Tahmaseb rund 400 000 Euro investiert hat, um sich mit der Shisha-Bar in Dreieich selbständig zu machen. Bisher sei das Geschäft gut gelaufen, sagt er. Die Kunden seien aus ganz Hessen gekommen, weil es hier die besten Shishas gebe. „Seit dem Rauchverbot kommen 80 Prozent weniger.“ Viele hätten sich selbst eine Shisha gekauft und rauchten jetzt mit ihren Freunden zu Hause, sagt Tahmaseb. Bisher hat der Umbau den ehemaligen Journalisten, der aus Iran stammt, rund 4000 Euro gekostet. Es fehle aber noch die Einrichtung. Wenn man schon so viel investiert habe, könne man doch nicht einfach alles aufgeben, sagt Tahmaseb.

In der Diskussion um das Rauchverbot in Hessen haben sich schon viele zu Wort gemeldet - die Apfelweinkneipiers in Sachsenhausen, verängstigte Karnevalisten und die hessische Landesregierung. Für Tobias Farnung, Referent Im Sozialministerium, geht es darum, die Nichtraucher zu schützen. Und in Shisha-Bars werde eben auch Nikotin konsumiert. „Es kann sich jeder darauf verlassen, dass sich die Entscheider da viele Gedanken gemacht haben“, sagt Farnung. Die Besitzer der rund 20 Wasserpfeifen-Bars in Frankfurt haben sich nicht an der öffentlichen Diskussion um das Rauchverbot in Gaststätten beteiligt. Die meisten nahmen das Gesetz still hin. Dabei hat mindestens jede vierte Shisha-Bar in Frankfurt schließen müssen. Obwohl sie schon immer vorwiegend von Rauchern besucht wurden, gibt es keine Sonderregelung für sie. Dem Sohn des Geschäftsführers des „Aviva“, Aydin Tahmaseb, fällt es schwer, das zu verstehen. Nichtraucher seien eigentlich nur dann in Shisha-Bars gekommen, wenn sie Freunde begleitet hätten, die rauchen wollten. Offenbar habe sie der Rauch nicht so sehr gestört. Er könne sich kaum vorstellen, dass sich Nichtraucher, die ihre Freunde in eine Shisha-Bar begleiteten, nun allein in die Nichtraucherzone setzten. Jeder müsse für sich selbst entscheiden können, welchem Risiko er sich aussetze, meint Tahmaseb. Viele unterschätzen das Risiko des Shisha-Rauchens allerdings, weil der Dunst von Wasserpfeifen, im Gegensatz zum Zigarettenrauch, kaum im Hals kratzt.

Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung konsumieren vor allem Jugendliche auf diese Weise Tabak. Dabei sei die Sucht- und Gesundheitsgefährdung bei Shishas mit der durch Zigaretten vergleichbar. „Die wenigen bislang vorliegenden wissenschaftlichen Studien deuten sogar darauf hin, dass über den Rauch von Wasserpfeifen größere Mengen an Schadstoffen wie Teer und Kohlenmonoxid aufgenommen werden als über filterlose Zigaretten“, sagt der Präsident des Bundesinstituts, Andreas Hensel. Nachdem viele der kleineren Shisha-Bars in Frankfurt geschlossen hätten, kämen öfter Jugendliche zu ihm, sagt Gamal Hanafy. Er ist der Geschäftsführer des "L'Emir",  eines Restaurants mit libanesischer Küche, Bauchtanz und neuerdings auch einem Raucherraum. Für ihn sei das Rauchverbot kein Problem, sagt Hanafy; „die Gäste kommen trotzdem“. Die Jugendlichen schicke er jedoch wieder nach Hause, sie seien nicht unbedingt sein Publikum. Wer in sein Restaurant komme, wolle einen schönen Abend in einem feinen Restaurant genießen. Das Shisha-Rauchen sei dabei schon immer Nebensache gewesen. Etwas Atmosphäre sei durch das Rauchverbot aber schon verlorengegangen, sagt Hanafi. „Wenn heute einer nach dem Essen in gemütlicher Runde eine Shisha rauchen möchte, muss er nach nebenan gehen.“

Der 30 Jahre alte Choullie Hashem macht sich weniger Gedanken um die Gemütlichkeit seiner Shisha-Bar oder die Gesundheitsrisiken von Wasserpfeifen. Dass man junge Menschen schützen müsse, sei selbstverständlich, dafür gebe es ja schon Gesetze. Es sei aber unsinnig, einem erwachsenen Menschen vorzuschreiben, wie er mit seiner Gesundheit umzugehen habe, sagt der ehemalige Besitzer der Shisha-Bar „Sahara“. Hashem macht sich Sorgen um seine Existenz. Es ist drei Monate her, dass er seine Bar aufgegeben hat. Das Rauchverbot sei einer von vielen Gründen gewesen zu schließen, sagt er. „Letztlich hat es meine Entscheidung aber beschleunigt.“ Wegen eines separaten Raums noch einmal in das 100 Quadratmeter große Lokal an der Adalbertstraße zu investieren wäre ein zu großes Risiko gewesen, sagt er - besonders, wenn für das Shisha-Rauchen nur noch ein Bruchteil der Fläche zur Verfügung stünde, während der Nichtraucherraum, ungenutzt bleibe.

Hashem, in Marokko geboren, hat zwar in Darmstadt und Frankfurt Maschinenbau studiert, eigentlich würde er aber lieber wieder eine Shisha-Bar aufmachen. Er sei kein Büromensch und brauche die Freiheit der Selbständigkeit. Viele ehemalige Kunden riefen ihn noch an, weil sie Shisha rauchen wollten. Die Nachfrage sei also da. Hashem ist sich aber noch nicht sicher, wie es weitergehen soll; er plane noch, sagt er. Und dann, kurz darauf. „Ich habe einfach Angst.“ Auch ihn plagt, die eine Frage: Wie viele Nichtraucher gehen schon in eine Wasserpfeifen-Bar?


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