Vorwort

Die Idee zu diesem Buch entstand während eines Restaurantbesuchs zusammen mit meinem Agenten, dessen Frau und meinem Mann. Ich war damals bereits nicht mehr süchtig und rauchte erst nach dem letzten Gang. Mir war zuvor gar nicht aufgefallen, daß die anderen auch nicht geraucht hatten - wie sich hinterher herausstellte in der Annahme, man säße mit Nichtrauchern am Tisch. Als ich schließlich meine Zigaretten aus der Tasche nahm, waren mein Agent und seine Frau merklich erleichtert. Auch mein Mann zündete sich befreit ein Zigarillo an. Natürlich sprachen wir über das Rauchen, und ich erzählte, wie ich es geschafft hatte, aus der Abhängigkeit herauszukommen und mir gleichzeitig den Genuß des Rauchens zu bewahren. Nachdem ich meine Geschichte beendet hatte, äußerte die Frau meines Agenten spontan, ich müsse daraus ein Buch machen.
Ich war zu dieser Zeit vollauf mit dem Roman beschäftigt, an dem ich gerade arbeitete, aber so ganz ging mir die Idee nicht mehr aus dem Kopf, und ich begann, mir Notizen zu machen und Material zu sammeln.
Für wen wollte ich dieses Buch überhaupt schreiben? Sicher nicht für diejenigen Zeitgenossen, die es schaffen, von heute auf morgen mit dem Rauchen aufzuhören, und nie mehr rückfällig werden. Die haben mein Buch nicht nötig - es sei denn, sie finden Vergnügen an den Anekdoten und an der Historie, in die meine Geschichte eingebettet ist.
Es ist keinesfalls für militante Nichtraucher und Menschen geschrieben, die sich nicht einmal vorstellen können, welche Wonnen ein Raucher erlebt, der sich etwa zum Mokka oder Cognac nach einem wunderbaren Essen und einem guten Wein eine Cohiba anzündet ... Nein, es ist für den leidenschaftlichen Raucher gedacht, der sich aus dem Gefängnis seiner Sucht befreien möchte, ohne seiner Leidenschaft abzuschwören. Was diese Leidenschaft angeht, wird er in diesem Buch auf großes Verständnis stoßen. Er wird viele verwandte Seelen treffen und sich in prominenter Gesellschaft mit Leuten befinden, die schon viele Male versucht haben, sich von der Nikotinsucht zu befreien. Auch ich hatte viele gescheiterte Versuche hinter mir, bis es mir schließlich gelungen ist, vom Junkie zur Genußraucherin zu werden. Diesen Weg will ich schildern.



Am Anfang war das Verbot.

Offenbar ist etwas dran an der These, daß der Mensch aus der Geschichte nicht lernt. Als ich anfing zu rauchen, waren die Verhältnisse an dem Gymnasium, auf das ich ging, so, wie sie sich der militante Nichtraucher von heute wünscht. Es gab in den Schulen noch keine Raucherecken, Rauchen auf dem Schulgelände war bei Strafen bis hin zum Schulverweis verboten, das Verlassen des Schulgeländes ohne ausdrückliche Genehmigung eines Lehrers ebenfalls. Das Dumme war nur, dies alles half nichts. Es wurde auf den Toiletten geraucht, was das Zeug hielt. Nachdem eines Tages der Sohn des Direktors erwischt worden war, wurden die Toilettenkontrollen stillschweigend eingestellt.

Es gab nun Aufklärungsveranstaltungen, bei denen die Gefahren des Rauchens in allen Facetten dargestellt und Bilder von Raucherbeinen gezeigt wurden. Wir schrieben sogar Aufsätze zu diesem Thema - Besinnungsaufsatz nannte man das. (Die Bezeichnung ‚Raucherbein’ hat ursprünglich nichts mit dem Rauchen zu tun. Sie ist auf den Namen des österreichischen Internisten zurückzuführen, der zum ersten Mal die Diagnose des Verschlusses der Beinarterie stellte, eine Erkrankung, die auch bei Nichtrauchern vorkommt. Er hieß Franz Ferdinand Raucher, 1864 bis 1930.)

Diese als Abschreckung gedachte Maßnahme war so wirkungslos wie das Verbot selbst. Es ist wohl tatsächlich so, wie Sir Winston Churchill, u.a. berühmt für sein hohes Alter, seine Leidenschaft für Zigarren und seine Abneigung gegen Sport, sagte, nämlich daß ein leidenschaftlicher Raucher, der immer wieder über die Gefahren des Rauchens liest, schließlich aufhört - zu lesen.
Dennoch stehen, wie einem Themenabend bei Arte zu entnehmen, derartige Abschreckungsmanöver wieder hoch im Kurs. Dabei weiß man doch, daß selbst die Todesstrafe als Instrument zur Verhinderung von Verbrechen nutzlos ist.
Sollen nicht gerade junge Menschen lernen, mit Freiheit umzugehen anstatt mit Verboten, und ist es nicht ein Vorrecht der Jugend, Tabus und Regeln zu brechen? Pädagogen sollten sich vielleicht den Aufklärer Lessing zu Herzen nehmen, der in seiner Erziehung des Menschengeschlechts fordert, daß der Mensch lernen solle, das Gute zu tun, weil es das Gute ist – und nicht aus Angst vor Strafe und Krankheit.
Woraus schöpfen eigentlich Bürokraten, die gerade die Raucherecken - „..., das Rauchen der Schüler war zu einem Grundrecht geworden – die juvenile Wiederkehr einer alten Forderung der Revolution von 1848, ... (FAZ. 13.1. 05) – wieder abschaffen und damit die jüngeren Schüler zum Rauchen wie Anno dazumal aufs Klo verbannen, ihre Hoffnung, dieses restaurative Vorgehen könnte heute bessere Ergebnisse zeitigen als damals? Oberstufenschüler, heutzutage volljährig, rauchen vor dem Schultor auf der Straße. Sucht lasse sich nicht per Gesetz verbieten, meint sogar ein Mitglied der Projektgruppe: Rauchfrei durch die Schule.
Da stehen sie nun an jedem Schultag auf dem Bürgersteig: Gruppen rauchender Schüler und Lehrer, die man wie Aussätzige aus ihrer Schule verbannt hat. „Jetzt steht die ganze Schule halt vor der Tür, der Schulhof ist leer“, zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine betroffene Schülerin zu den Folgen des Rauchverbots. Zum Verdruß der Anwohner produzieren die zum Rauchen auf der Straße verurteilten Lehrer und Schüler (die FAZ spricht von einer Kulturrevolution) Unmengen von Kippen und behindern die Fußgänger. Es hat bereits Bürgerproteste gegeben. Zudem haben die Pädagogen Mühe mit der Pausenaufsicht, wenn auch unmündige Schüler das Schulgelände verlassen, um zu rauchen. Es sei ein Nachlaufspiel entstanden, äußert ein Schulleiter. Auch kämen Schüler, die auf der Straße rauchen, häufig zu spät zurück in den Unterricht.
Was will man nun machen? Das Rauchen auf der Straße verbieten? Diese Überlegung ist leider weniger aus der Luft gegriffen als man glauben mag, denn es hat auch dieses Verbot schon gegeben in diesem Land, vor 1848.

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